Als unter Kaiser Konstatin im Jahr 343 das Christentum zur Staatsreligion erklärt wurde, standen die Römer vor einer ganz neuen Herausforderung. Die alten Bräuche und Sitten, die mit der Anbetung heidnischer Götter zusammenhingen, ließen sich nicht einfach beseitigen. Vieles wurde deshalb in den christlichen Kontext übernommen und integriert.
Dazu gehörte auch der keltisch-germanische Brauch zur Vertreibung böser Winterdämonen im Frühjahr. Zum Zweck der Vertreibung verkleidete man sich mit Masken der Fruchtbarkeitsgottheiten, Bock, Hirsch und Bär. Dieser Brauch wurde in die christliche Liturgie eingegliedert und zeitlich genau vor den Beginn der Fastenzeit gestellt.
Damit blieben die heidnischen Masken und Verkleidungen zwar erhalten, der Sinn und die symbolische Bedeutung aber wurden den christlichen Bedürfnissen angepasst. Die Fastnacht war entstanden.
Fastnacht, wie der Name schon sagt, bezeichnet ursprünglich den Abend vor dem Beginn der Fastenzeit. Später wurde daraus der Zeitraum von Donnerstag bis Aschermittwoch.
Die Fastnacht stand symbolisch für die Herrschaft des Teufels. Wilde Feiern und ausschweifende Gelage wurden von der Kirche als mahnendes Negativbeispiel durchaus geduldet. Mit dem Aschermittwoch endete dann aber diese sündenvolle Zeit und der Staat Gottes hielt wieder Einzug, der nun mit dem reuigen Akt des Fastens begrüßt wurde.
So symbolisieren diese zwei Zeiträume gemeinsam den Kreislauf von Sünde, Reue und Vergebung. Entsprechend ist auch die Strenge der Kirche zu deuten, die ein Weiterfeiern über den Aschermittwoch hinaus streng verbot. Die Reformation schaffte die vorösterliche Fastenzeit für den protestantischen Teil der Christenheit ab. In diesem Zusammenhang verlor in den Gebieten auch die Fastnacht ihren Sinn.
Die fastnächtlichen Bräuche überlebten fast nur in den katholisch geprägten Gebieten. Unter der Herrschaft der Fürstbischöfe von Münster wollte die Obrigkeit sogar das Karnevalstreiben verbieten bzw. in geordnete Bahnen lenken. Im katholischen Münsterland bekamen sogar die Pfarreien eine fürstbischöfliche Order, die Gläubigen an den Karnevalstagen zum Gebet zu rufen und für die Einhaltung von Sitte und Anstand zu predigen. Nicht nur in Gescher, sondern auch in umliegenden Gemeinden wurde daher das 40-stündige Gebet eingeführt.
Als gute Christen nahmen die Bürger an den Gebeten teil.
Um weiterhin ihren Karneval feiern zu können und trotzdem mit der Kirche konform zu gehen, verlegten viele Gemeinden die Karnevalsfeste um eine oder zwei Wochen vor. (Stadtlohn, Wolbeck, Greven, Weseke, Gescher)
Durch den großen Einfluss von Industriebetrieben und anderen Arbeitgebern kam es im Laufe der Zeit in vielen Orten allerdings wieder zur Verlegung der Karnevalstage auf den echten Rosenmontag.
Gescher ist mit dem Münsteraner Vorort Sprakel die letzte Bastion im Bistum, die zwei Wochen früher feiert.
Getragen wird der Karneval in Gescher und besonders der Umzug meist von den verschiedenen Nachbarschaften. In vielen alten Nachbarschaftsbüchern ist immer wieder von Faseloabend und Fastnachtsfesten die Rede.
In den Bauernschaften spricht man sogar von Faseloabendshook, im Stadtbereich werden die Zusammenschlüsse als Nachbarschaften bezeichnet. Aufnahmegebühren und Strafen bei diversen Vergehen gegen die Gemeinschaft wurden zur Karnevalszeit in Naturalien bezahlt. Man liest von Tonnen Bier und Kannen Schnaps, die entrichtet wurde. Gemeinsam verzehrte die Nachbarschaft die Getränke auf den Fastnachtsfesten im jeweiligen Karnevalshaus. Damit bei dem abendlichen „Fastnachtsschmaus" auch etwas Deftiges auf den Tellern war, kam der Brauch des Wurstaufholens dazu. Gemeinsam zogen dabei die Männer im Faseloabendshook von Haus zu Haus und holten Wurst auf. In den aufgesuchten Haushalten reichte man den Männern gern auch mal ein Schnäppsken, was bald schon zur allgemeinen Erheiterung beitrug, so dass die Männer auf den Wegen zwischen den Häusern so manches Lied anstimmten. Immer häufiger begleiteten Trecksackspieler und Musiker mit Teufelsgeige oder Gitarre den Umzug durch die Nachbarschaft.
Im Jahre 1934 nahmen die Nachbarn vom Berliner Tor während des Wurstaufholgens sogar einen Pferdewagen mit. Im Protokoll ist dazu verzeichnet:
„Es wurde wieder wie im Vorjahr Mettwurst aus der Nachbarschaft geholt. In diesem Jahr der Umzug aber besonders karnevalistisch. Durch originelle Kostüme und einen Zigeunerwagen fand unsere Nachbarschaft den größten Anklang".
Dem Vorbild der Nachbarschaft „Berliner Tor" schlossen sich schnell weitere an. Die Waterstegge, Kattenborg, Lindenstraße und Hauskampstraße gehörten zu den nächsten, die teilnahmen. Das war die Geburtsstunde des Karnevalszuges in Gescher.
Durch den II. Weltkrieg bedingt kamen die Umzüge von 1940 bis zum Jahr 1949 ganz zum erliegen. Die Aktivitäten in den Nachbarschaften nahmen erst Jahre nach den Kriegswirren wieder zu und im Jahre 1950 organisierte die Nachbarschaft Berliner Tor nicht nur einen Umzug sondern stellt mit Josef Schlüter auch den ersten Prinzen in Gescher. Amtsoberinspektor Heeks überreichte dem Prinzen die Schlüsselgewalt in der damaligen Amtsverwaltung.
Mit nur zwei Ausnahmen hat es seit der Zeit jedes Jahr einen Umzug gegeben.
1954 verstarb kurz vor dem Fest Pfarrer Hartmann und 1991 führte der Golfkrieg dazu, auf die Umzüge zu verzichten. Die ersten Umzüge wurden unter der Leitung der Nachbarschaft Berliner Tor durchgeführt. Organisatorisch liefen die Fäden bei Alois Pollmann zusammen. Er fand mit den Nachbarn Josef Schlüter (Prinz 1950), Bernhard Kerkhoff, Heinrich Klümper (Prinz 1952), Albert Möllers und vielen anderen immer starke Unterstützung. Schon in den Jahren 1952 und 1953 entwickelten sich die Umzüge deutlich umfangreicher als in den beiden Anfangsjahren. Immer mehr Nachbarschaften beteiligten sich.
Um die weitere Durchführung der Züge zu besprechen, wurden am 30. November 1953 alle Nachbarschaftspräsidenten aus Gescher erstmals zu einer Versammlung eingeladen. Zunächst wurde der Nikolausumzug besprochen und des Weiteren wurde über die Durchführung von Karnevalszügen beraten. Es wurde beschlossen, dass sich in Zukunft alle Nachbarschaften aber auch die Wirte an den finanziellen Kosten des Umzuges beteiligen sollten.
Der Musikzug und der Spielmannszug der Feuerwehr Gescher spielten zu der Zeit sogar zum Selbstkostenpreis.
Die Nachbarschaften trugen selbst die Wagenkosten und das Wurfmaterial, Versicherungs- und Genehmigungsgebühren wurden durch Beiträge und Spenden abgedeckt. Einmalig beteiligte sich die Amtsvertretung 1960 mit 100 DM Zuschuss an einem neuen Prinzenumhang.
Prinz Franz I. Kramer, der amtierende Prinz 1959, hatte den Antrag in der Gemeindeverwaltung dazu gestellt. Bis zum Jahre 1968 begnügten sich die Karnevalisten mit den ortsansässigen Musikkapellen. Die Anzahl der teilnehmenden Wagen hatte aber immer weiter zugenommen so dass erstmals 1969 eine auswärtige Kapelle verpflichtet wurde.
Erst Anfang der siebziger Jahre wurde die Stadt Gescher um einen finanziellen Zuschuss für die Durchführung des Karnevalszuges gebeten. Die Stadtvertreter, dem Gescheraner Karneval durchaus verbunden, hatten für den Antrag Verständnis. Die Stadtkasse übernahm zunächst die Kosten für eine weitere Musikkapelle. Das Wachsen des Umzuges und die Verpflichtung weiterer Musikkapellen konnte aber nicht von der Beteiligung der Stadt aufgefangen werden. Mit den ersten Büttabenden, die 1978 im ausverkauften Saale Tenbrock stattfanden, war zwischenzeitlich eine weitere Finanzierungsmöglichkeit für die Umzüge geschaffen worden.
In den Jahre 1972 und 1973 beteiligten sich auch einige Nachbarschaften aus Hochmoor an unserem Karnevalsumzug. Da aber die Hochmooraner ihren Karneval seit Ende der 70-er Jahre auf den offiziellen Termin umgelegt haben, gab es zwischenzeitlich keine Beteiligung mehr. Seit dem neuen Jahrtausend sind die Hochmooraner allerdings wieder mit Begeisterung dabei.
In den Jahren 1940 bis 1949 fand kein Karnevalszug statt. Zum ersten Umzug nach dem Weltkrieg 1950 kürten die Nachbarn vom „Berliner Tor" Josef Schlüter zum ersten Karnevalsprinzen in Gescher. Für den Prinzenwagen nahmen die Nachbarn den Kohlenwagen von Dieker. Ein ausgedientes Heringsfass wurde auf dem Wagen befestigt und mit bunten Stoffbahnen verkleidet.